Unser heutiges Leben in Europa wäre ohne offene Grenzen nicht mehr vorstellbar. Seien es die Pendler, die Touristen, die Studenten, die Geschäftsleute, oder auch die unzähligen Waren und Güter, die in der EU täglich Grenzen überqueren: Die offenen Grenzen sind ein Fundament unseres kulturellen und wirtschaftlichen Lebens.
Offene Grenzen sind allerdings keineswegs mit ungeschützten Grenzen gleichzusetzen. Freiheit und Sicherheit schließen sich nicht aus, im Gegenteil. Offene Grenzen setzen eine ausreichend hohe Sicherheitslage voraus. Die europäischen Staaten haben ihre Grenzen in der Annahme geöffnet, dass sie sicher bleiben – sei es durch den Schutz der europäischen Außengrenze, sei es durch den Schutz der nationalen Grenzen. Der Schengener Grenzkodex erlaubt es den EU-Staaten ausdrücklich, ihre Grenzen bei Bedarf zu schützen. Das ist rechtlich zwar als Ausnahme konzipiert, ein Blick auf die Realität zeigt aber, dass Grenzkontrollen überall in der EU seit Jahren die Regel sind. Die größte Gefahr für offene Grenzen sind demnach nicht Grenzkontrollen, sondern Unsicherheit und der wahrnehmbare Kontrollverlust über Menschenschleusung, Drogenschmuggel und unerlaubte Einreisen. Der Vertrauensverlust in sichere Grenzen war nicht nur eine prägende Motivation für den Brexit sondern auch für den jüngsten Wahlerfolg des Rassemblement National (« double frontière »). Putin und seine Schergen nutzen illegale Migration seit Jahren gezielt als Waffe gegen Demokratie und Stabilität in Europa. Es gilt, das Vertrauen in die Sicherheit unserer Grenzen zu stärken, gerade damit wir weiterhin offene Grenzen in Europa haben können.
Seit dem 7. Juni 2024 schützt die Bundespolizei alle land-, luft-, und seeseitigen deutschen Grenzen. In diesen drei Wochen vollstreckte die Bundespolizei an den Grenzen 603 offene Haftbefehle – mehr als ein Haftbefehl pro Stunde –, stellte 85 Fahndungstreffer mit Bezügen zur politisch-motivierten Kriminalität fest, nahm 150 Schleuser fest, und stellte 4.659 unerlaubte Einreisen fest. Von diesen wurden mehr als zwei Drittel zurückgewiesen, 346 Zurückweisungen betrafen sogar Personen, die zuvor bereits abgeschoben wurden (Wiedereinreisesperre). Rund ein Drittel der unerlaubten Einreisen sind dabei an den Grenzen zu Frankreich, Belgien, Luxemburg, Niederlanden, Dänemark sowie im See- und Luftverkehr festgestellt worden. Das zeigt, wie wichtig die Grenzkontrollen langfristig auch über die bisherigen Maßnahmen zu Österreich, Polen, Tschechien und der Schweiz hinaus sind. Diese Maßnahmen können ohne gravierende Auswirkungen auf den grenzüberschreitenden Verkehr durchgeführt werden – was auch ganz praktisch zeigt, dass kontrollierte Grenzen eben auch offene Grenzen bleiben. Die Bundespolizei hat hinreichende Erfahrungen, um die Kontrollen so flexibel und lageangepasst vorzunehmen, dass Auswirkungen auf die Öffentlichkeit minimiert werden.
Deswegen fordert die Unionsfraktion die Bundesregierung auf, die Grenzkontrollen an allen deutschen Grenzen bis auf weiteres über die Dauer der Fußball-Europameisterschaft hinaus zu verlängern, um der Bundespolizei so langangepasste Grenzkontrollen zu ermöglichen.