Koalitionsfriede scheint wichtiger – Diskussionsbedarf bleibt
Die Bundesregierung hat ihre China-Strategie im Kabinett verabschiedet. Hierzu erklären Julia Klöckner, wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und Jens Spahn, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion:
Julia Klöckner: „Lange haben wir auf die China-Strategie der Bundesregierung gewartet. Nun liegt sie vor, lässt aber viele Wirtschaftsfragen offen. Mit Beschreibungen und Schlagwörtern wie Standortpolitik, Diversifizierung oder Souveränität kommen wir nicht weiter. Entscheidend ist doch, was wir aus der Zeitenwende mit Russland für unseren Umgang mit autokratischen Staaten gelernt haben. Nach der EU ist China für Deutschland der größte Handelspartner, aber auch ein ernst zu nehmender wirtschaftlicher Konkurrent. Mehr noch: Deutschland steht mit China in einem Systemwettbewerb, für den es einen klaren Kompass braucht.
Es geht nicht um eine Abkopplung von China, aber um eine Minimierung der Abhängigkeiten und Risiken. Woher sollen künftig die Rohstoffe kommen, die für die Energiewende, für die vielen Windräder und PV-Anlagen gebraucht werden? Wenn seltene Erden großenteils aus China kommen, muss doch schnell gehandelt und nach Alternativen gesucht werden. Hierfür müssen wir stärker mit anderen Ländern kooperieren. Völlig unverständlich ist, weshalb die Ampel bei der Ratifizierung des Handelsabkommens zwischen der EU und den Mercosur-Staaten auf der Bremse steht und weshalb sie nicht stärker die Nähe zu Afrika sucht. Zudem müssen kritische Infrastrukturen mehr geschützt werden. Der monatelange Streit der Ampel um den Cosco-Einstieg beim Hamburger Hafen zeigt, wie naiv und verletzlich Deutschland ist.
Schlimmer noch: Die jetzt vorgelegte Strategie ist in weiten Teilen unkonkret, weil man sich nicht einigen konnte. Das schafft Unsicherheit, etwa bei der konkreten Ausgestaltung von Investitionskontrollen. Der Koalitionsfriede scheint wichtiger zu sein, der Diskussionsbedarf bleibt. Daran krankt die Politik der Ampel. Wir als Union haben bereits im April ein Positionspapier zu China beschlossen mit konkreten Forderungen und Maßnahmen. Mehr Reziprozität, Sanktionsregime als Abschreckungsregime, Wirtschaftsbündnisse und Handelsoffensive, Diversifizierung unserer Importe und Exporte, Neuausrichtung der Außenwirtschaftsförderung, mehr Schutz und Kontrolle kritischer Infrastrukturen – das braucht es jetzt! Wir bieten unsere Zusammenarbeit für einen nationalen Konsens an, haben aber Zweifel, dass dieser auf Basis der vorgelegten Strategie der Bundesregierung hergestellt werden kann.“
Jens Spahn: „Der Umgang mit China sollte keine parteipolitische Frage sein, denn die Strategie muss länger als eine Legislatur halten. Wir sind bereit zu einem nationalen Konsens in der China-Politik. Dafür müsste die Bundesregierung endlich mit dem Parlament sprechen.
Bislang fallen Wort und Tat der Ampel weit auseinander. Beispielsweise bei der Entscheidung zur chinesischen Beteiligung am Hamburger Hafen. Umso mehr werden wir die Bundesregierung künftig an der Umsetzung ihrer eigenen Strategie messen.
Wir brauchen einen jährlichen China-Check im Deutschen Bundestag: Unsere Abhängigkeiten von China sollten von Experten differenziert hergeleitet und mögliche Gegenmaßnahmen (wie Investitionskontrollen) vorgeschlagen werden. Das Thema ist so wichtig, dass sich alle Ausschüsse und das Plenum des Bundestages einmal im Jahr fundiert damit befassen müssen.“